Besonders beeindruckt hat mich die Aussage einer jungen Frau: „Wenn ich Sonnenbrille und Mundschutz trage, erkennt mich ja mein Smartphone nicht mehr.“
Die Diskussion um die Masken ist nach dem Toilettenpapier-Hype die große Groteske in der Corona-Krise.
Da wird im Facebook das Tragen von Masken in Geschäften mit Obrigkeitshörigkeit bezeichnet. Da wird Maskenpflicht zur „Beleidigung unserer Intelligenz“ und zum „Gehorsamstest“ der Regierung.
Da spricht sich der Präsident der internationalen Ärztevereinigung, Prof. Dr. Frank-Ulrich Montgomery, gegen das Tragen von Mundnasenschutz aus, weil dies die Menschen in falscher Sicherheit wiegen könnte, und diese dann die Abstandsregeln nicht mehr beachten. So, als ob wir die Airbags abschaffen müssten, weil sie Autofahrer*innen in falscher Sicherheit wiegen und diese sich dann erhöhten Geschwindigkeiten hingäben.
Als die Corona-Krise noch keine Pandemie aber eine möglich Bedrohung war, dachte ich: Oh, jetzt werden vielleicht ein paar Maßnahmen, die auch bei Grippe und banalen Erkältungskrankheiten wichtig sind, endlich für unsere Mitmenschen akzeptabler – ordentliches Händewaschen und Mund-Nasen-Schutz tragen.
Bei meinen Besuchen in Japan und China hatte ich erlebt, wie normal es ist, wenn man sich grippig fühlt, einen Mund-Nasen-Schutz vor das Gesicht zu binden, um andere vor Ansteckung zu bewahren. Normal in asiatischen Ländern – unmöglich in Deutschland?
Wahrscheinlich ist aber Tragen von Masken auch deshalb so schwer zu vermitteln, weil wir ja an das Vermummungsgebot denken müssen und die Bedeckung von Mund und Nase für den Schwarzen Block und andere „Verbrecher-innen“ stehen.
Richtig ist auch, dass uns Wissenschaftler*innen und Politiker*innen bei dem Thema hin und her reißen.
Zu Beginn der Epidemie in Deutschland empfiehlt das RKI kein Tragen von Masken für die Bevölkerung. Verständlich, wenn man an die zum Selbstschutz geeigneten FFP-Atemmasken denkt, die zu dem Zeitpunkt Mangelware waren und dem Personal in der Gesundheitsversorgung und Pflege vorbehalten bleiben sollte.
Eine detaillierte Aufklärung hätte da wahrscheinlich nicht vor einem noch stärkeren Ausverkauf (Hamstern) bewahren können. Und ja, wenn man Empfehlungen oder gar Gebote ausspricht, muss man sie auch umsetzen können. Wie schwer die Beschaffung von FFP-Masken war, haben wir alle in Erinnerung. Also nur verständlich, wenn sich die Politik zu diesem Zeitpunkt zum „Maske Tragen“ nicht entschließen konnte.
Ach ja – und nicht vergessen – das stand ja auch nicht im Pandemieplan!
Und so wurde und wird in den öffentlichen Diskussionen immer wieder der Zweck des MNS verwechselt: Schutz des Pflegepersonals und der Ärztinnen und Ärzte oder der Kassierer*innen im Supermarkt vor hochansteckenden Infizierten oder die Verminderung des Risikos, dass ein Keim-Ausscheider seine nicht infizierte Umgebung ansteckt.
Wenn man dann einmal den Perspektivenwechsel vornimmt, und nicht den Eigen(nutz)schutz in den Vordergrund stellt, sondern den Schutz der Anderen, der Mitmenschen, der Verletzlichen (vulnerablen), dann muss man eigentlich sehr schnell zu der Entscheidung gelangen, dass ein Mund-Nasen-Schutz das Gebot der Stunde war und ist. Hierdurch wird verhindert, dass mit dem Atmen, Husten, Niesen virenhaltige Tröpfchen (Aerosol) auf unsere Mitmenschen versprüht werden.

Und hier ist dann alles besser als nichts.
Ein von mir hoch geschätzter Professor für öffentliches Gesundheitswesen hat es schon lange auf den Punkt gebracht. „Jeder Behelf ist besser als nichts. Wir haben schon vor Wochen unter unseren Freunden und öffentlich angeregt, ersatzweise Kaffee-Filter umzufunktionieren“. Natürlich ist da eine OP-Maske effizienter – aber auch ein Tuch vor Mund und Nase hilft schon!

Auch wenn solche Modelle immer ihre Schwächen haben, zeigt die folgende Grafik, dass das Tragen von Mund-Nasen-Schutz einen erheblichen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie leisten kann.

Das Tragen von MNS geht meist mit wenigen Beeinträchtigungen für den Einzelnen einher. Der Gewinn für die Allgemeinheit ist immens.
Natürlich reicht MNS nicht aus. Mindestens genauso wichtig ist das regelmäßige und richtige Händewaschen – und Abstand halten!
Aber wie so oft, das Eine tun und das Andere nicht lassen führt zum Erfolg.