Nachdem die Hamburger Polizei mit ungewöhnlichem Aufwand und Methoden nach vermeintlichen Mittäter*innen der G20-Ausschreitungen gesucht haben, scheint jetzt auch in Berlin der „öffentliche Pranger“ in Mode zu kommen
Der Tagesspiegel Friedrichshain-Kreuzberg berichtet in seinem KIEZGESPRÄCH –
Ungewöhnliche Nachrichten aus dem Umfeld der besetzten Rigaer Straße 94: Am 22. Dezember gingen in bekannten Treffpunkten der autonomen Szene Schreiben eines „Zentrums für politische Korrektheit“ ein. In diesen werden Drohungen gegen 42 Personen erhoben, die als Sympathisanten der Autonomen in der Rigaer gelten. Besonders erschreckend: 18 der Genannten werden in dem Schreiben mit Lichtbildern aus erkennungsdienstlichen Aufnahmen des Berliner LKA oder Personalausweisfotos gezeigt, wie sie das Landeseinwohneramt speichert. Die Bilder sind mit meist verleumderischen Kommentaren wie „Bullenspitzel“ versehen – der Absender droht damit, Bilder und Namen an die Polizei und Neonazi-Organisationen wie die Identitäre Bewegung weiterzugeben und weitere Informationen über die Betroffenen zu veröffentlichen.
„Wir sind sicher, dass das Schreiben von der Berliner Polizei erstellt und verschickt wurde“, schreiben Betroffene. Derzeit wird das Schreiben von der Abteilung Polizeidelikte im Landeskriminalamt geprüft, um Herkunft und Verfasser zu ermitteln. Auch die Linkspartei beschäftigte sich mit dem Thema; deren Innenexperte Hakan Taş teilt die Vermutung der Autonomen: „Es gibt ein Leck bei der Polizei oder Justiz. Jemand muss Zugriff auf diese Dateien gehabt haben“, sagte Taş der B.Z. Bleibt zu hoffen, dass die Polizei bei Verdacht auf Straftaten in den eigenen Reihen ebenso engagiert ermittelt wie bei der Verfolgung von verdächtigen Linksautonomen.