Die Zukunft der SPD ist weiblich

Ich möchte es mal so sagen:

Gestern wurde deutlich, dass die Zukunft der SPD weiblich ist. Und das ist gut so.

Andrea Nahles, Malu Dreyer und Manuela Schwesig haben die Redebeiträge eingebracht, die am Ende der politischen Vernunft eine knappe Mehrheit bescherten. Auch auf Seiten der NoGroKo Befürworter*innen versuchten viele der Frauen eher mit inhaltlichen Argumenten zu überzeugen als ihre teilweise dogmatisierenden männlichen Kollegen.

Gestern wurde aber auch deutlich, dass es mit der SPD kein weiter so geben wird. Die CDU um Merkel, die ja erleichtert ist, dass es zu diesem – wenn auch zähneknirchenden – JA gekommen ist, wird ihren rückwärts gewandten Partnern (ich benutze hier ausdrücklich die männliche Form) in der CSU klar machen müssen, dass Sondierungen eben nur das hergeben, was der Wortsinn ergibt: „etwas (vorsichtig) erkunden, erforschen, um sein eigenes Verhalten, Vorgehen der Situation anpassen zu können, die Möglichkeiten zur Durchführung eines bestimmten Vorhabens abschätzen zu können“ (lt.Duden). Jetzt darüber zu lamentieren, dass die SPD „nachverhandeln“ will, ist völlig unsinnig! Die Verhandlungen beginnen erst jetzt! Dafür stellt das Papier zu den Sondierungsgesprächen den Rahmen dar, d.h. für die Koalitionsverhandlungen – nicht für die Inhalte des Koalitionsvertrages! Und am Ende wird die Entscheidung aller Mitglieder der SPD stehen, ob mit den Ergebnissen der Verhandlungen eine Regierungsbeteiligung möglich ist. Bei diesem Prozess hat die SPD bereits gezeigt, dass sie den anderen Parteien in Sachen fortschrittlicher Demokratie vorausgeeilt ist – auch das ist gut so!

Dabei wird es der SPD gut tun, den Weg der sachlichen inhaltlichen Auseinandersetzung um die Ergebnisse der Koalitionsgespräche weiterzugehen. Ohne eine hervorragende Kommunikation seitens der Parteiführung aus dem Willy-Brandt-Haus wird das nicht gehen – und da ist noch viel Luft für Verbesserung, die schleunigst erfolgen muss!

Klar wurde gestern auch, dass der begonnene Prozess der Erneurung der SPD entschieden weitergegangen werden muss. Dass kann bzw. muss aber durchaus neben einer Regierungsbeteiligung erfolgen. Strukturelle Veränderungen, d.h. Anpassung an die veränderten Bedingungen in der Gesellschaft, in der Interaktion von Gruppen und bei den Bedürfnissen Einzelner (Beruf, Familie, Freizeit) und vor allem bei der Kommunikation müssen in die innerparteilichen Prozesse aufgenommen werden. Darüberhinaus wird aber auch der Kommunikation mit den Bürger*innen und Wähler*innen ein besonderes Augenmerk zu widmen sein.

Letztlich entscheidend wird aber sein, ein wirklich neues Parteipogramm zu entwickeln.

Als Partei des Fortschritts muss die SPD die Aufgabe annehmen, die digitale und bio-technische Revolution dieser Jahre in Bahnen zu lenken, die dem Wohl aller Menschen dienen – und das bedeutet natürlich eine klare Absage an den neoliberalen Markt-Kapitalismus. Die Umsetzung der so entwickelten politischen Vision wird erneut nur über pragmatische Kompromisse und konsequente Kommunikation erfolgen können.

Anachronismus: Aufklärung verboten!

Wenn  eine Ärztin in Giessen im Jahr 2017 bestraft wird, weil sie auf ihrer Website (in Not geratene) Frauen über die Möglichkeiten zum Schwangerschaftsabbruch aufklärt, ist das als hätten Jahrjunderte der Aufklärung und Entwicklung bei uns keine Spuren hinterlassen!

Wenn ein Richterin formal juristisch „Recht spricht“ auf der Grundlage von Paragraphen des Strafgesetzbuches, die großenteils aus der Nazi-Diktatur stammen, so empfinde ich – und viele andere – dies als Unrecht! Wenn damit radikalen Konservativen Vorschub geleistet wird, entsteht schwerer gesellschaftlich Schaden!

Die Prargraphen 219, 219a und 220 müssen gestrichen – oder wenigstens grundlegend überarbeitet werden!

mehr dazu hier

Overdue reforms on EU are in danger

Whilst German right-extremists (AFD) are fierce enemies of the European Union, the so-called German Liberals (FDP) might become the biggest challenge to the long overdue reforms of the European Union.

The flourishing of nationalist thoughts and egoism are not the privilege of the AFD, they are widespread in the „Union“ (CDU/CSU) as well and particulalrly in the right-wing bavarian Christian Socialist Party;

Read more in an interesting article of the New York Times

Deutschland braucht ein Paritätsgesetz!

Die „neuen“ Parteien im Bundestag FDP und AFD sind deutlich Männer dominiert. (Frauen:Männer – FDP: 18:62; AFD: 11:83). Bei Grünen, Linken und SPD sieht es besser aus – wegen der Quote!

Von 61,5 Millionen Wahlberechtigten sind 31,7 Millionen Frauen und nur 29,8 Millionen Männer. Im neuen Bundestag gibt es 491 Männer und nur 218 Frauen.

Frau Merkel – die mächtigste Frau der Welt – hat wohl wenig für die Frauen in der Union bewirkt. Nur 26% der Mitglieder sind weiblich.

Mehr in diesem Beitrag der Huffinton Post

Ein neues „Godesberger Programm“ muss her

Die SPD muss ihre Zukunft in der Opposition zurück gewinnen. Nur dort kann sie es. Auch wenn es schwer werden wird, wenn der nächste Oppositions-Redner im Bundestag dann von der AfD gestellt werden wird. Hier wird klare Kante und Abgrenzung erforderlich sein.

Und die SPD muss sich neu aufstellen – mit einem „Neuen Godesberger Programm“

Hier ein Guter Kommentar von Heribert Brantl

Die Gesundheit der Demokratie ist ernsthaft bedroht

Lange haben wir geglaubt, wir in der Bundesrepublik Deutschland seien ausreichend immunisiert gegen die faschistische und rechtsradikale Hetze. Jetzt gilt es die Gegenmittel zu finden, die ein weiteres Fortschreiten der Infektion verhindern!

Hier ein interessanter Beitrag der FR dazu:

http://www.fr.de/politik/meinung/leitartikel/afd-demokratie-veraechter-im-bundestag-a-1357130

Die Bundesrepublik Deutschland wird nie mehr so sein, wie sie war.

Gestern war ein schwarzer Tag für die deutsche Demokratie. Jeder 10. Westdeutsche und jeder 5. Ostdeutsche hat dafür gesorgt, dass in den 19.ten deutschen Bundestag rechtsextreme Volksverhetzer und Revanchisten einziehen.

Die präsidiale Kanzlerin hat die Auseinandersetzung um Werte im Wahlkampf ausgesessen und das „Weiter so“ beschworen. Damit hat sie den rechten Angst-Schürern das Feld überlassen. Seit Jahren geht die Spaltung der Gesellschaft in Super-Reich und Arm weiter, obwohl Wissenschaft und Sozialverbände den dringenden Handlungsbedarf beschwören. CDU/CSU haben weitgehend ihre Regierungsmacht genutzt, um Reformen, die ein weiteres Auseinanderdriften der Gesellschaft aufhalten könnten, zu verhindern. Dem beherzten „Wir schaffen das“ der Kanzlerin in der Flüchtlingskrise folgte eine Beschwichtigungspolitik der CDU/CSU gegenüber den rechten und xenophoben Strömungen in der Gesellschaft. Die verbale Aufrüstung der CSU in diesem Zusammenhang diente im Wesentlichen der AfD.

In einer Zeit schneller Sensations-Meldungen haben die Medien ihren Auftrag als vierte Macht im Staate verspielt. Statt die Aufmerksamkeit auf Sachthemen und Inhalte in der politischen Auseinandersetzung im Wahlkampf zu lenken, bereiteten sie den reißerischen Parolen der AfD eine überdimensionale Platform.

Mit ihrem viert-schlechtesten Ergebnis in der Partei-Geschichte (1924: 20.5%, 1932: 20,4% und 1933: 18,3%) ist die SPD bei diesen Wahlen krachend eingebrochen.

Obwohl die SPD in den großen Koalitionen wesentliche Maßnahmen für ein solidarisches und soziales, aber auch wirtschaftlich gesundes Land durchgesetzt hat, wurde dies von der Wählerschaft nicht honoriert. Man denke nur an die Durchsetzung der Verlängerung des Saison-Kurzarbeitergeldes während der Wirtschaftskrise 2009 oder an die Durchsetzung des Mindestlohnes und vieles Andere.

Heute ist die SPD existentiell bedroht. Ihre Stamm-Wähler – die Arbeiter – sind ihr abhanden gekommen. Unter anderem, weil es diese immer weniger gibt.

Oder weil sie in ihren prekären Arbeitsformen weder in den Gewerkschaften noch in der Sozial-Demokratie die für sie relevanten Strukturen finden.

Die klassischen Arbeitnehmer mit fester Lebensarbeits-Stelle sind eine Rarität geworden und gehören mittlerweile in der Regel dem Mittelstand an – und teilen mit diesen die Abstiegsängste, die aus den Umbrüchen einer sich digitalisierenden Gesellschaft erwachsen.

„Gute Arbeit für Alle“ wird als Kampfruf für die SPD nicht mehr reichen. Solidarität und Soziale Gerechtigkeit muss neu definiert und unter Einbeziehung klarer Umverteilungs-Konzepte als Leitthema der Sozialdemokratie zurück gewonnen werden.

Dabei müssen Visionen erarbeitet werden, wie eine solidarische und soziale Gesellschaft mit den rasanten Entwicklungen in der digitalen und in der Bio-Technologie umgehen kann und soll.

Als 1928 bei den Reichstagsgswahlen die NSDAP nach den Sozialdemokraten die stärkste Fraktion im Weimarer Reichstag stellte, dachten wohl die wenigsten, dass dies der Anfang vom Ende der ersten deutschen Demokratie sein würde.

Auch damals wählten viele Bürger aus dem Mittelstand (Bauern und Angestellte, Handwerker und Einzelhändler, Beamte und Studenten) die rechten Populisten. Wie heute waren Abstiegs- und Verlustängste das zentrale Motiv, dass die Rechtsradikalen mit vereinfachenden Antworten und Schuldzuweisungen bedienten. Wie heute wurden „Andere“ beschuldigt, das deutsche Volk zu gefährden und zu unterwandern. Damals waren es die Juden, heute sind es die Muslime. Damals war es das internationale Finanz-Judentum, heute ist es der internationale islamistische Terrorismus, der zum Aufbau der Feindbilder herhalten muss.

1933 waren es sozialdemokratische Abgeordnete, die sich als letzte dem aufziehenden braunen Terror in den Weg stellten. Hoffen wir, dass es nicht wieder dazu kommt!

Erdogan ist nicht die Türkei und Evet-Stimmer repräsentieren nicht die Deutsch-Türken!

Es wird Zeit das Deutsch-Türken-Bashing zu beenden.

Ja, es ist schwer nachzuvollziehen warum 416000 Türk*innen in Deutschland für Erdogan gestimmt und damit den Weg in eine Diktatur in der Türkei geebnet haben. Ob das allerdings auf mangelnde Integration „der Türken“ in Deutschland schliessen läßt, ist zu bezweifeln!

In Deutschland leben 3 Millionen Menschen türkischer Herkunft, nur etwa die Hälfte (1.5 Millionen) haben (noch) die türkische Staatsbürgerschaft. Nur rund 250 000 eine doppelte Staatsbürgerschaft! (von insgesamt ca. 1,7 Mio. Menschen in Deutschland, die mehr als einen Pass besitzen!).

Von 1,4 Mio. Wahlberechtigten haben sich nur 700 000 an der Stimmabgabe zum Referendum beteiligt und davon (leider) 416 000 mit Ja zur Verfassungsänderung gestimmt.

Das heisst, ca. 14% der türkischstämmigen Bevölkerung haben kein ausgeprägtes Verhältnis zur Demokratie – schlimm genug. Aber das haben ja viele deutsche Wähler, die den Rechtspopulisten nachlaufen auch nicht! Auch da haben wir zeitweise Wahlprognosen im zweistelligen Bereich.

Was soll also das Geschimpfe auf die mangelnde Integration der Deutsch-Türk*innen? Der weitaus größte Teil bekennt sich zu Deutschland und seinen Werten! Sehr viele haben auf die zweite Staatsbürgerschaft verzichtet! Und die überwiegende Mehrheit der Wahlberechtigten Türken haben dem Verfassungsreferendum Erdogans NICHT zu gestimmt.

Wieder-Einführung der Optionspflicht? Blödsinn! Wichtiger ist, sich stärker um die Mitbürger*innen zu bemühen, die sich abgehängt fühlen. Und das gilt für Türk*innen und Deutsche gleichermassen.